Eigenschaften, Verbreitung und Entstehung von Kaolinlagerstätten im Nordsudan


von

Mario Wipki


Zusammenfassung

Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 69 "Geowissenschaftliche Probleme in ariden und semiariden Gebieten" wurden mineralogisch-geochemische Merkmale sowie stratigraphische und regionale Verbreitung von Kaolinen im Nordsudan untersucht. Zwei Haupttypen konnten dabei unterschieden werden: primäre, im Kontakt mit ihren Ausgangsgesteinen erhaltene und sekundäre, umgelagerte Kaoline.

Eine in situ konservierte frühpaläozoische Verwitterungskruste tritt am Jebel Tawiga im NW-Sudan in Form von kaolinitischen Saprolithen und Lateriten über Metabasalten und Metapeliten des proterozoischen Grundgebirges auf. Sie wird von flachmarinen Sandsteinen mit Spurenfossilien überlagert, die oberordovizisches bis untersilurisches Alter indizieren. Die Laterite führen bis zu 30 M.-% Bauxitminerale (Böhmit, Gibbsit, Diaspor), die Anzeichen von Resilifizierung aufweisen.

Dieser diagenetische Prozess erzeugte Gesteine mit hoher Dichte und Festigkeit sowie hoher Kristallinität des Kaolinits, die damit einen typischen Flintclay-Charakter aufweisen. Bisher als Hydrothermal-"Kaoline" interpretierte Umwandlungsprodukte, die auf Metarhyolithen der Red Sea Hills im NE-Sudan (Derudeb) verbreitet sind, erwiesen sich als strukturkontrollierte Alterationsprodukte, die neben Quarz, Feldspat, Klinochlor und Serizit nur geringe Mengen an Kaolinit führen.

Bis zu 60 Meter mächtige sekundäre Kaoline, die innerhalb eines kontinentalen Beckens in einem fluviatil-lakustrinen Milieu abgelagert wurden, sind im Ostsudan im Gebiet um Gedaref weiträumig verbreitet. Die geologischen Vorräte betragen mehrere Milliarden Tonnen. Die Kaoline sind Teil einer kretazischen (?) Sedimentserie (Gedaref Formation), die von oligozänen Basalten überlagert wird. Diagenetische und metasomatische Prozesse haben den ursprünglichen Charakter der Kaoline stark verändert. Durch Zufuhr von SiO2-reichen Verwitterungslösungen kam es zu einer intensiven diagenetischen Einkieselung der Kaoline, die für den "Flintclay"-artigen Charakter der Gesteine verantwortlich ist. Die kaolinitischen Gesteine bestehen durchschnittlich zu mehr als 40% aus Opal-CT, Chalzedon sowie geringen Anteilen an detritischem Quarz. Eine Überprägung der Kaoline durch schwefelsaure Lösungen führte bereichsweise zur Bildung von Alunit [KAl3(SO4)2(OH6)]. Radiometrische Datierungen dieses Minerals zeigen, dass die Alunitisierung bereits im Eozän (51,2 Ma) erfolgte und somit nicht mit den überlagernden oligozänen Basalten (31,6 Ma) in zeitlichem und genetischem Zusammenhang steht. Die Mehrzahl der geologisch-mineralogischen Merkmale, wie z.B. die Na-K-Zonierung der Alunitkristalle und ihr kluftkontrolliertes Auftreten sowie die d34S- und d18O-Werte der Alunite (12,2-14,9 bzw. 15,8-16,4%.) deuten auf eine epigenetische epithermale Alunitisierung hin.

Linsenförmige Kaolinvorkommen mit Mächtigkeiten meist unter 5 m sowie geringer lateraler Persistenz, die als Hochflutablagerungen interpretiert werden, sind in den kretazischen kontinentalen Sedimenten des Nordsudans weit verbreitet. Die untersuchten Vorkommen bei Omdurman, am Jebel Umm Ali und bei Salawa, die alle diesem Typ entsprechen, sind stratigraphisch in das Alb und Cenoman einzustufen. Sie sind meist nur gering verfestigt und zeigen eine sehr ähnliche chemisch-mineralogische Zusammensetzung, in der Quarz und Kaolinit dominieren. Als charakteristische Neubildungen sind Al-Phosphat-Minerale nachweisbar.

Die kaolinitischen Verwitterungslagerstätten im Nordsudan entstanden während langandauernder Perioden mit feuchtwarmen Klimabedingungen während des Altpaläozoikums und vor allem während der Kreide. Die Mehrzahl der hierbei gebildeten kaolinreichen Verwitterungskrusten wurde durch nachfolgende Erosion weitgehend abgetragen und fluviatil umgelagert. Bei der Ablagerung des Materials in Überschwemmungsebenen und Seebecken bildeten sich nach Größe und Form sehr unterschiedliche Kaolintypen aus, die nachfolgend in unterschiedlichem Maße diagenetisch überprägt wurden.

Applikationsmöglichkeiten für die Kaoline unterschiedlicher Entstehung wurden auf der Grundlage labortechnischer Tests sowie chemisch-mineralogischer Analysen, die größtenteils mit Hilfe multivariater statistischer Methoden ausgewertet wurden, ermittelt. Dabei ergaben sich konkrete Verwendungsmöglichkeiten, die stark vom Grad der diagenetischen Überprägung abhängen.

Die bauxithaltigen in-situ-Laterite vom Jebel Tawiga kommen wegen niedriger Al2O3-Gehalte und hoher Anteile an Kaolinit nicht als Rohstoffe für die Aluminiumgewinnung in Frage. Eine Verwendung der eisenärmeren Laterite als Feuerfestmaterial wäre zwar grundsätzlich möglich, die ungünstige geographische Lage des Vorkommens und das Fehlen jeglicher Infrastruktur stehen jedoch einer wirtschaftlichen Nutzung entgegen. Auch die Alterationsprodukte von Derudeb kommen wegen zu niedriger Kaolinitgehalte als nutzbare Rohstoffe nicht in Betracht. Die schlämmbaren Kaoline des Hochflut-Typs hingegen eignen sich beispielsweise zur Herstellung von Sanitärkeramik, während die nicht dispergierbaren silifizierten Kaoline des fluviatil-limnischen Typs ohne zusätzliche Aufbereitung lediglich für die Produktion grobkeramischer Erzeugnisse (z.B. Wand- und Bodenfliesen) zu verwenden sind.