4.2.6.3 Genetische Interpretation der Alunitisierung

Alunite sind überwiegend Produkte epithermaler bzw. solfatarischer Alteration, meist in Zusammenhang mit jüngeren sauren bis intermediären Vulkaniten (HEMLEY et al. 1969, HALL 1978). Untergeordnet findet man Alunit und dessen Vertreter in Oxidationszonen von Massivsulfiderzlagerstätten, Cu-Lagerstätten des Porphyry-Typs (BLADH 1982, SCOTT 1987), lateritderivaten Verwitterungsprodukten (BLACK et al. 1984, VALETON & WILKE 1993) sowie in Playa-Sedimenten (SIMPSON 1948, KING 1953, BIRD et al. 1989, ALPERS et al. 1992).

Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Alunitbildung haben seit langem Anlaß für eine kontroverse Diskussion über die Genese bestimmter Alunitvorkommen gegeben. Neuere, systematische Untersuchungen der stabilen Isotope im Alunit haben zur Charakterisierung des jeweiligen Bildungsmilieus entscheidend beigetragen. Nach HALL (1978) lassen sich geometrisch und genetisch drei Haupttypen von Alunitvorkommen unterscheiden: Gänge, metasomatische Körper und sedimentäre Vorkommen.

Hydrothermaler, gangförmiger Alunit, wie er beispielsweise aus Utah/USA beschrieben wird (CALLAGHAN 1973), mit Mächtigkeiten im Bereich von wenigen cm bis zu ca. 20 m, tritt meist in alterierten rhyolithischen Tuffen und Brekzien auf. Das Nebengestein weist häufig Silifizierungserscheinungen auf und enthält Kaolinit, Alunit und Pyrit. Im Vergleich zu den anderen genetischen Typen, zeigen die Gänge in der Regel hohe Alunitgehalte.

Metasomatisch gebildeter Alunit, auch als "replacement type" bezeichnet, gehört zu den weltweit häufigsten und wichtigsten Alunitvorkommen (HALL 1978). Sie bilden sich in einem späten Fumarolenstadium, wobei entlang von Klüften und Spalten schwefelsaure Lösungen das meist saure bis intermediäre vulkanische Nebengestein alterieren. Hierbei werden die primären Mineralphasen angegriffen oder vollständig umgewandelt und es kommt zur Freisetzung von amorphem, gelförmigem SiO2, das später in Opal-CT bzw. Quarz übergeht. Charakteristisches Merkmal für diesen Typ ist im Idealfall die Bildung einer SiO2-reichen Kernzone, die sich nach außen hin in eine Quarz-Alunit-Zone, eine inneren und äußere tonige Zone sowie eine propylitische Zone entwickelt. Meist lassen sich jedoch nur zwei bis drei der insgesamt fünf Zonen beobachten (HALL 1978).

Die sedimentär gebildeten Alunite zeigen oft knollige Formen, die in Schichten angereichert und meist an Diskordanzen gebunden sind (ROSS et al. 1968). Die Alunitknollen besitzen Durchmesser im Zentimeter- bis Meterbereich. Ihr Auftreten wurde in Bauxiten (BARDOSSY & MACK 1967, BLACK et al. 1984), in Flintclays und kohliger kaolinitischer Fazies (GOLDBERY 1978), in Schwarzschiefern (LEFRANC 1991) und in evaporitischen Sedimenten (ROUCHY & PIERRE 1987) beobachtet. Neben der knollenförmigen Ausbildung kommt Alunit auch feinverteilt in Sedimentgesteinen vor.

Folgt man der neueren Klassifikation von RYE et al. (1989, 1992), die isotopengeochemische Untersuchungen an Aluniten in großer Anzahl durchgeführt haben, so lassen sich vier Bildungsbereiche unterscheidend: "supergene", "steam heated", "magmatic steam" und "magmatic hydrothermal". Hierbei wird zwischen der Oxidation von Sulfiden ("supergene") und der Oxidation von H2S ("steam-heated-environment") differenziert. Die wichtigsten geologisch-mineralogischen Merkmale dieser vier genetischen Typen sind in der Tabelle 31 zusammengefaßt.

Im Falle der alunitreichen, silifizierten Kaoline im Gedaref-Gebiet läßt sich eine eindeutige Typisierung und eine damit verbundene genetische Interpretation allein durch die feldgeologischen Beobachtungen nicht erzielen. Im folgenden soll deshalb zunächst ohne Berücksichtigung von Isotopenanalysen versucht werden, Ähnlichkeiten zu den vorstehend beschriebenen Alunittypen aufzuzeigen und Argumente zu diskutieren, die für oder gegen ein bestimmtes Bildungsmilieu sprechen.

Bildungsmilieu /
Typ
Charakteristik für die Bildungsbereiche von Alunit

"supergene"
("secondary supergene")

z.B. Rodalquilar/Spanien

 

 

z.B. Lake Chandler/ W-Australien (1)

 

 


z.B. Ras Sudar, Sinai/ Ägypten (2)

Verwitterung von Sulfiderzen
Alter: jünger als die Mineralisation
Merkmal: topographisch kontrollierte Schichten, oft unterhalb von Gossans, vertikale Ausprägung bei sulfidischen Gangerzen (Protore)
Paragenesen: fehlgeordneter Kaolinit, Halloysit, Allophan, häufig hydratisierte Fe-Oxide sowie Jarosit, Pyrit und Cu-Sulfide
Prozeß: Oxidation sulfidreicher Gesteine über der Grundwasser oberfläche, T ~ < 90 °C
Repräsentative Reaktion: 2FeS2 + 7H2O + 15/2O2 << Fe2O3 x 3H2O + 4H2SO4

sedimentäres Milieu
- authigener lakustriner Alunit in Salzsee-Sedimenten
Alter: gleichaltrig oder jünger als die Evaporite Merkmal: Evaporite
Paragenesen: Jarosit, Gips, Halit
Prozeß: Evaporation
Schwefelquelle: äolischer Eintrag mariner Sulfate, Lösung von Evaporiten im Sedimentbecken, Verwitterung magm./metam. Gesteine im Sedimentbecken
- diagenetischer Alunit in S- und C-org-reichen Sedimenten
Alter: jünger als die Mineralisation
Merkmal: oft Alunitknollen parallel der Schichtung, überwiegend mikro-kryptokristalliner Na-Alunit, lagunäre bis flachmarine Fazies
Paragenesen: Jarosit, Illit, authigener Pyrit, Gips, Anhydrit, Halit, C-org.-reiche Karbonate
Prozeß: bakterielle Sulfatreduktion - Oxidation von H2S
Repräsentative Reaktion: 2CH2O + SO4 ½ H2S + 2HCO3

 

"steam heated"
("primary supergene")

z.B. Tolfa-Gebiet/ Italien

 

Alter: übereinstimmend mit der Mineralisation
Merkmal: paläotopographisch kontrolliert, vertikale Zonierung: SiO2-Zone << Hämatit-Zone << Jarosit-Zone << propyllitische Zone
Paragenesen: häufig Jarosit und Hämatit, z.T. elementarer Schwefel, opaline SiO2-Phasen, Chalzedon, häufig Sinterbildung. Fehlen primärer Erze und sekundärer Anreicherungen, Sulfiderze z.T. in der Teufe
Prozeß: Oxidation von H2S zu H2SO4 an oder über der Grundwasseroberfläche im Bereich hydrothermaler Systeme, T ~ 90-160 °C
Repräsentative Reaktion: H2S + 2O2 << H2SO4

"magmatic steam"

z.B. Yellowstone Park, Wyoming/USA

Alter: zeitäquivalent mit der Intrusion
Merkmal: vertikale alunitführende Gänge, oft monomineralisch und grobkristallin, z.T. mehrere Zehnermeter breit
Paragenesen: Kaolinit, Sulfide nicht vorhanden
Prozeß: H2S-Freisetzung durch heiße Lösungen in tieferen Bereichen, T ~ 90-200 °C
Repräsentative Reaktion: H2S + 3/2O2 << SO2 + H2O
SO2 + ½O2 + H2O << H2SO4
"magmatic hydrothermal"

z.B. Summitville, Colorado/USA

Alter: zeitäquivalent mit der Intrusion
Merkmal: vertikale Anordnung; "Pods" und Linsen, horizon tale Alterationszonen von innen nach außen: SiO2-reicher Kern << Quarz-Alunit << Quarz-Kaolinit << Ton << propylitische Zone
Paragenesen: häufig drusenreiches SiO2 ("vuggy silica"), gleichaltriger Pyrit; später häufig Pyrit und Cu-As-Sb-Sulfide, oft hoher PO4-Gehalt im Alunit, z.T. Gold, z.T. zonierte Alunitkristalle
Prozeß: Disproportionierung von magmatischem SO2 zu H2S und H2SO4 mit abnehmender Temperatur, T ~200-400 °C
Repräsentative Reaktion: 4SO4 + 4H2O << 3H2SO4 + H2S

Tab. 31: Charakterisierung der Bildungsbereiche von Alunit mit Hilfe der wichtigsten geologisch-mineralogischen Merkmale (nach RYE et al. 1989, 1992; (1) BIRD et al. 1989; (2) GOLDBERY 1978, 1980).

 

Sulfidische Körper oder Gangerze bzw. deren Relikte ließen sich im gesamten Untersuchungsgebiet nicht nachweisen, so daß eine Alunitbildung, die mit der Oxidation primärer Sulfiderze in Zusammenhang steht, nicht sehr wahrscheinlich ist. An einer Lokalität (Wad Yusuf) konnten zwar faustgroße hämatitisch-goethitische Konkretionen im Kaolin beobachtet werden, die möglicherweise ehemalige Pyrit- oder Markasitkonkretionen darstellen, die Alunitgehalte des Kaolins liegen hier jedoch unter 0,5%. Im Bereich des J. Abu Tuyur und J. Umm Barakit, wo die höchsten Alunitgehalte auftreten, ließen sich solche konkretionären Gebilde nicht nachweisen.

Die Genese von Alunit ist in vielen Fällen auf die Oxidation von Pyrit bzw. Markasit zurückgeführt worden. Da Alunit (K,Na)Al3(SO4)2(OH)6 und Jarosit (K,Na)Fe3(SO4)2(OH)6 eine lückenlose Mischkristallreihe bilden, wäre zu erwarten, daß sich dabei Jarosit oder ein eisenreicher Alunit bilden. Nach experimentellen Untersuchungen von BROPHY et al. (1962) und HÄRTIG et al. (1984) wird Eisen im Vergleich zum Aluminium sogar bevorzugt in den Mischkristall eingebaut. Aus diesem Grunde zweifeln BROPHY et al. (1962, S. 125) die Rolle des Pyrits als Schwefelquelle für die Alunitbildung an: "Oxidation of pyrite to yield sulfate ion should also yield sufficient Fe3+ which would become a part of the alunite structure. Higher temperatures attending formation of alunite may reduce the preferential incorporation of iron in the structure." Nach Untersuchungen von LOPEZ AGUAYO et al. (1977) und RODRIGUEZ-CLEMENTE & HIDALGO-LOPEZ (1985) hingegen ist eine Alunit-Jarosit-Paragenese häufig anzutreffen, jedoch nur bei Ausgangslösungen mit pH-Werten um 3 (Initial pH). Bei höheren pH-Werten werden Eisenhydroxide ausgefällt. Wie die Röntgen- und Mikrosondenanalyse gezeigt hat, besitzen die Gedaref-Alunite nur geringe Gehalte an Fe3+. Eine Paragenese mit Jarosit oder Pyrit wurde in keiner der untersuchten Proben beobachtet, eine Hämatit-Alunitparagenese, wie sie bei höheren pH-Werten zu erwarten wäre, ebenfalls nicht. GOLDBERY (1978, 1980) ist der Ansicht, daß unter gering oxidierenden Bedingungen aus dem Pyrit freigesetztes Eisen in reduzierter Form vorliegt, das durch Grundwässer transportiert und an anderer Stelle ausgefällt werden kann.

Am Beispiel der diagenetisch gebildeten, "nicht hydrothermalen" Alunite von Maktesh Ramon, Israel (GOLDBERY 1978), lassen sich die wesentlichen Merkmale von Aluniten eines sedimentären Milieus erläutern. Neben Natriumalunit und Alunit treten dort auch Woodhouseit, Jarosit sowie Illit auf, aus dem das erforderliche Kalium für die Alunitbildung abzuleiten ist. Die vorhandenen Fe-Oxide werden als Pseudomorphosen framboidaler Pyrite interpretiert. Der marginal marine Bildungsraum, in dem brackische Verhältnisse herrschten, sorgte für ein ausreichendes Angebot an Natrium. Nach HALL (1978) sind die meisten sedimentären, knollenförmigen Alunite natriumreich. Anzeiger für die lagunäre-flachmarine Fazies sind Karbonate, Gipse und Anhydrite. Kohlenstoffreiche Lagen weisen auf reduzierende Bedingungen in diesem Milieu hin, unter denen eine Bildung von H2S erfolgen konnte. Im Vergleich dazu erfolgte die Sedimentation der Kaoline im Raum Gedaref hingegen eindeutig in einem fluviatil-lakustrinen Milieu. Auch wurden hier keinerlei kohlenstoffreiche Sedimente oder sulfatische Evaporite beobachtet, die als potentielle Schwefelquelle für den Alunit in Frage kämen. Ferner sind die Alunite betont K-reich und zeigen keine knolligen Ausbildungen. Bemerkenswert ist auch, daß keine Illite in den Kaolinen vorhanden sind, die als Kaliumquelle gedient haben könnten.

Als ein Argument für eine Bildung der Gedaref-Alunite in einem hydrothermalen Milieu kann die ausgeprägte vertikale Klüftung des Gesteins (z.B. J. Abu Tuyur) sowie die mm-breiten Klüfte, die mit feinkörnigem Alunit ausgefüllt sind, angesehen werden. Die netzwerkartigen alunitgefüllten Fissuren zeigen im Dünnschliff äußerst scharfe Kontakte zum umgebenden Kaolin. Sowohl aszendente als auch deszendente schwefelsaure Lösungen könnten die Alunitisierung verursacht haben. Die Tatsache, daß zonierte Alunitkristalle, wie sie in den Kluftfüllungen am J. Abu Tuyur auftreten, bislang nur für hydrothermale Bildungen beschrieben wurden (GOO CHO & JIN KIM 1993, HEDENQUIST et al. 1994) mag als ein weiteres Argument für eine hydrothermale Genese gelten. Auch im Gebiet Harar in Ostäthiopien wurde beispielsweise von MÜLLER (1960) hydrothermal gebildeter Alunit in Sandsteinen beschrieben, die im Kontakt zu Basalten stehen.

Am Jebel Abu Tuyur sind die alunitreichen Schichten von Kaolinen überlagert, die auffallend hohe Hämatitgehalte besitzen. Diese Art der vertikalen "Zonierung" zeigt eine gewisse Ähnlichkeit zu dem genetischen Modell von CUNNINGHAM et al. (1984) für metasomatisch gebildeten Alunit in Vulkaniten (replacement-type, Abb. 94). Eine deutliche Trennung zwischen Hämatit- und SiO2-Zone besteht hingegen nicht.

Abb. 94: Genetisches Model für die metasomatische Bildung von Alunit (replacement-type)
im Marysvale-Vulkangebiet, Utah/USA (CUNNINGHAM et al. 1984).

Die Quelle für das Kalium im Alunit wird im allgemeinen in der Zersetzung von Kalifeldspäten und/oder Glimmern im Nebengestein gesehen. Weder durch röntgendiffraktometrische Analysen noch durch Dünnschliffuntersuchungen konnten die beiden Mineralphasen im Gedaref-Kaolin nachgewiesen werden. Bei einem wahrscheinlich basischen bis intermediärem Ausgangsgestein der Kaoline ist dies auch nur eingeschränkt zu erwarten. Das Argument, daß Kalium adsorptiv an die Tonminerale gebunden sei, erscheint zumindest bei hohen Alunitkonzentrationen nicht schlüssig, da insbesondere die Alkalien und Erdalkalien in Verwitterungsprodukten größtenteils abgeführt worden sind. Typischerweise betragen die Kalium- und Natriumkonzentrationen in alunitfreien Gedaref-Kaolinen im Durchschnitt weniger als 0,1% (n = 52).

Die Vermutung, daß die Alunitbildung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem jüngeren basaltischen Vulkanismus stehen könnte, hat sich nicht bestätigt. Die Ergebnisse der radiometrischen Datierungen am Alunit ergaben ein Alter von 51,2 Ma (± 1,2; K-Ar) (LIPPOLT 1994, pers. Mitt.), während die überlagernden Basalte lediglich ein Alter von 31,6 Ma (± 1,5, K-Ar) besitzen (LIPPOLT & HAUTMANN 1994, pers. Mitt.). Die Bildung der Alunite durch postvulkanische hydrothermale Alteration kann somit ausgeschlossen werden. Das oligozäne Alter der Basalte am Jebel Abu Tuyur stimmt mit den Datierungen von GRASTY et al. (1963) für das Gedaref-Gebiet (33 Ma) und mit dem Alter der Ashangi Basalte auf der angrenzenden äthiopischen Seite im Raum Om Hajer (Setitregion) (33 Ma) und Gallabat-Metema (32 Ma) überein (MERLA et al. 1979). Ältere Basalte sind lediglich aus dem Gebiet südlich und südöstlich des Tana-Sees bekannt (69 - 54 Ma) (MERLA et al. 1979).

Die Möglichkeit, daß bereits vor der Hauptphase der Basaltextrusionen im Oligozän vulkanische Tätigkeit im Gedaref-Gebiet herrschte, kann jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Die erbohrten Basalte im Gedaref-Becken besitzen Mächtigkeiten von ca. 600 m, möglicherweise sogar 1000 m, die sich aus einer nicht bekannten Anzahl von Basaltströmen zusammensetzt (ALMOND et al. 1984). Die bisher durchgeführten radiometrischen Altersdatierungen beziehen sich nur auf die oberflächlich aufgeschlossenen jüngsten Einheiten. Eine vulkanische Tätigkeit über längere Zeit mit Phasen der Unterbrechung, wie dies beispielsweise für die Basalte der Bayuda-Wüste beschrieben wird (BARTH & MEINHOLD 1979), könnte auch im Gedaref-Becken geherrscht haben. Als Hinweis für eine zeitweilige Unterbrechung des Vulkanismus können die von RUXTON (1956) beschriebenen Paläoböden gewertet werden, die in Basaltströme eingeschaltet sind.

Die Entwicklung des Gedaref-Beckens begann nach ALMOND et al. (1984) bereits im frühen Tertiär und war wahrscheinlich mit einer Reaktivierung bereits angelegter Störungszonen verbunden. Schon zu diesem Zeitpunkt könnten vulkanische Aktivitäten im Bereich der Störungen geherrscht haben. Eine der im Gedaref-Gebiet festgestellten Hauptstörungsrichtung mit 70° entspricht der Verlängerung der Zentralafrikanischen Störungszone. Die zweite mit 135° -150° verläuft in etwa parallel zur Riftachse des Roten Meeres (135°). Im Zuge der weiteren Entwicklung konnten im Oligozän Basalte, Trachyte und Rhyolithe entlang der NW-SE-verlaufenden Störungszonen aufdringen (ALMOND et al. 1984). In der Abb. 95 ist das Hauptstörungsmuster für das Gedaref-Gebiet dargestellt, das mit Hilfe von Landsat-Aufnahmen ermittelt wurde (MEUNIER et al. 1985). Daraus geht hervor, daß im Gebiet des Jebel Abu Tuyur, wo die höchsten Alunitkonzentrationen im Kaolin festgestellt wurden, mehrere Störungen auftreten bzw. zusammenlaufen. Am Jebel Umm Barakit und im Setit-Gebiet, wo ebenfalls erhöhte Alunitgehalte nachgewiesen wurden, ist das Störungsmuster hingegen weniger dicht. Ob eine hydrothermale Alteration der Gedaref-Kaoline im Bereich von Störungszonen während der frühtertiären Phase der Beckenentwicklung tatsächlich stattgefunden hat, ist zwar bislang spekulativ, aber nicht unwahrscheinlich.

Abb. 95: Analyse der Lineamente im Gedaref-Gebiet anhand von Landsat-Aufnahmen
sowie Lokalitäten mit den höchsten Alunitgehalten (modifiziert nach MEUNIER et al. 1985).

Gegen eine hydrothermale Alteration spricht die flächenhafte Verbreitung der alunitführenden Kaoline. Eine ausreichende Schwefel- und Kaliumzufuhr über weite Gebiete läßt sich durch Hydrothermen nur dann erklären, wenn diese an mehreren Lokalitäten vorhanden waren. Typische hydrothermale Mineralparagenesen oder signifikante chemische Anomalien, die entsprechende Hinweise geben könnten, ließen sich jedoch nicht nachweisen. Eine Vergleichsprobe aus Hawaii hingegen, die aus einer Mischung aus Kaolinit, Opal-CT, Quarz und Alunit besteht und in unmittelbarer Nähe einer rezenten Furmarole im alterierten basaltischen Gestein genommen wurde, besitzt beispielsweise Chromgehalte von ca. 1400 ppm. Für die alunitreichen Gedaref-Proben konnten vergleichsweise etwas erhöhte Kupfer- und Bleigehalte analysiert werden (Abb. 96). Zudem besitzen drei Proben vom Jebel Abu Tuyur und Jebel Umm Barakit mit ca. 70 ppm die höchsten Bleigehalte von insgesamt 133 Proben. Blei ersetzt aufgrund seines ähnlichen Ionenradius möglicherweise das Kalium im Alunitgitter, was sich durch Mikrosondenanalysen allerdings nicht nachweisen ließ. Die in Abb. 96 angedeutete Korrelation zwischen Kupfer sowie Blei und den Alunitgehalten ist aufgrund der wenigen alunitreichen Proben nicht signifikant und kann nur eingeschränkt als Hinweis auf eine hydrothermale Tätigkeit gewertet werden. Auch im sedimentären Milieu gebildeter Pyrit, der beispielsweise als Schwefelquelle für Alunit dienen kann, dürfte vergleichbare Konzentrationen an Cu und Pb in Form von Verunreinigungen enthalten.

Abb. 96: Cu- und Pb-Gehalte in Proben mit > 1% Alunit.

Es lassen sich somit Argumente sowohl für als auch gegen eine hydrothermale bzw. sedimentäre Genese des Alunits finden, so daß anhand der Geländebeobachtungen und der chemisch-mineralogischen Analysen alleine keine eindeutige Interpretation gegeben werden kann.

Da die Alunitgenese in vielen Fällen problematisch ist, wurde insbesondere von BIRD et al. (1989), RYE et al. (1989, 1992) und ALPERS et al. (1992) mit Hilfe der Isotopengeochemie versucht, verläßlichere Aussagen zu treffen. Anhand der analysierten Isotopenzusammensetzungen von δ34S, δD, δ18OSO4 und δ18OH2O im Alunit lassen sich nach RYE et al. (1989, 1992) die bereits erwähnten vier Bildungsbereiche unterscheiden. Für die Alunite im Raum Gedaref wurden δ34S und δ18OSO4 analysiert. Durch den Vergleich mit den Isotopenwerten von RYE et al. (1992) soll die Aussagewahrscheinlichkeit hinsichtlich eines bestimmten Bildungsmilieus erhöht werden.

Auch bei der Alunitgenese spielen kinetische Isotopie-Effekte eine bedeutende Rolle. In einem magmatisch-hydrothermalen System steigt die Sauerstoff-Isotopenaustauschreaktionen zwischen wässrigem Sulfat und Wasser mit Erhöhung der Temperatur, Sulfatkonzentration und pH an (OHMOTO & LASAGA 1982, CHIBA & SAKAI 1985). Ein Gleichgewichtszustand zwischen Sulfat und Wasser ist nach RYE et al. (1992) wahrscheinlich in den meisten magmatisch-hydrothermalen Systemen erfüllt. Im oberflächennahen Bereichen hingegen wird dieser gewöhnlich nicht erreicht, sofern nicht ausreichende Zeitspannen für den Austauschvorgang zur Verfügung stehen. In einem "steam heated"-Milieu kann sich beispielsweise, bei entsprechend langer Zeit, das im Wasser gelöste Sulfat mit H2S austauschen, was eine Erhöhung der d34S-Werte des Alunits bewirkt: "The δ 34S and δ 18O values of the alunite will depend upon the degree to which the aqueous sulfate exchanges with the fluid" (RYE et al. 1992, S. 234). Ferner sind die δ18O-Werte von Alunit in einem hydrothermalen System davon abhängig, ob bei der Oxidation von H2S der überwiegende Anteil des Sauerstoffs aus der Luft (δ18O = 23‰) oder aus der Lösung stammt. Der Sauerstoff aus der Luft bewirkt eine Erhöhung der δ18O-Werte, der aus hydrothermalen Lösungen hingegen eine Erniedrigung. Ähnliches gilt für die Oxidation von Pyrit durch atmosphärischen Sauerstoff oder durch dreiwertiges Eisen.

Sofern die Sauerstoffisotopenzusammensetzung des Wassers bekannt ist, kann aus dem gemessenen 18O-Wert des ausgefällten Minerals dessen Bildungstemperatur errechnet werden (Geothermometer). Vereinfacht ausgedrückt haben bei hohen Temperaturen Wasser und Mineral einen nahezu gleichen 18O-Gehalt, während sich mit sinkenden Temperaturen 18O im Mineral gegenüber der Lösung anreichert (HARZER & PILOT 1969). Problematisch hierbei ist jedoch, daß hydrothermale Wässer meist nicht ausschließlich magmatischen Ursprungs sind, sondern größere Anteile an erhitztem Oberflächenwasser, Formationswasser oder metamorphem Wasser enthalten. Um genetische Aussagen treffen zu können, muß demnach die Zusammensetzung dieser Wässer bekannt sein, was in Hinsicht auf die Alunitgenese im Gedaref-Gebiet jedoch nicht der Fall ist.

Betrachtet man zunächst rein statistisch die publizierten δ34S-Werte von insgesamt 150 Alunitanalysen (RYE et al. 1992) im Vergleich zu den ermittelten δ34S-Werten der Alunite vom Jebel Abu Tuyur (Abb. 97), so wird deutlich, daß auf dieser Grundlage ein hochtemperiertes Bildungsmilieu ("magmatic hydrothermal", "magmatic steam") für die Tuyur-Alunite mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Sowohl für den "steam-heated" als auch für den supergenen Bildungsbereich zeigen die Werte hingegen eine gute Übereinstimmung. Beim Vergleich der δ18O-Werte dieser Proben mit Aluniten vom Jebel Abu Tuyur wird vor allem eine gute Übereinstimmung mit dem Bildungsmilieu "steam heated" und "magmatic hydrothermal" deutlich (Abb. 98). Für die supergenen Alunite sind hingegen, mit wenigen Ausnahmen, im Vergleich zu den übrigen Bildungsbereichen, überwiegend leichtere Sauerstoffisotope typisch.

Abb. 97: Schwefelisotopie des Alunits vom Jebel Abu Tuyur (δ34S = 12,2; 13,0; 14,9)
im Vergleich zu den ermittelten Werten von RYE et al. (1992) (n = 150).

Abb. 98: Sauerstoffisotopie des Alunits vom Jebel Abu Tuyur (δ18OSO4 = 15,8; 16,4; 17,9)
im Vergleich zu den ermittelten Werten von RYE et al. (1992) (n = 150).

Gegen einen höher temperierten Bildungsbereich sprechen zwei Beobachtungen: Zum einen wurde in den Aluniten durch Mikrosondenanalyse H3O-Substitutionen in der Kationenposition festgestellt. Dies ist nach BIRD et al. (1989) und ALPERS et al. (1992) vorwiegend bei Aluniten mit geringen Bildungstemperaturen der Fall. Zum anderen sind die Alunite vom Jebel Tuyur feinkörnig mit Durchmessern < 10 µm, was für "supergene"- und "steam heated"-Alunite charakteristisch ist. Im Vergleich dazu haben Alunite eines hochtemperierten Milieus ("magmatic steam") Korngrößen im Millimeter- bis Zentimeterbereich (RYE et al. 1992).

Im δ18O - δ34S-Diagramm (Abb. 99), in dem wiederum die publizierten Werte von RYE et al. (1992) für das Bildungsmilieu "supergene" und "steam heated" gegenübergestellt werden, lassen sich beide Gruppen tendenziell differenzieren. Die untersuchten Alunitproben vom Jebel Abu Tuyur gehören danach eher der Klasse der "steam heated"-Alunite an, ebenso wie die rezente Vergleichsprobe von Hawaii, die tatsächlich in unmittelbarer Nähe einer Solfatare genommen wurde (Kilauea Krater, Sulphur Banks).

Abb. 99: δ18OSO4 / δ34S- Verhältnisse für supergene und "steam heated"-Alunite im Vergleich zu den Aluniten vom Jebel Abu Tuyur und von Hawaii.

 

Bei der Frage nach der Herkunft des Schwefels für die Alunitbildung kommen grundsätzlich folgende Quellen in Frage:

- H2S-haltige Lösungen oder Dämpfe durch Solfatarentätigkeit

- Sulfide

- Evaporitische Sulfate

Die analysierten δ34S-Werte für die Alunite vom Jebel Abu Tuyur liegen im Bereich zwischen 12,2‰ und 14,9‰. Wie u.a. das Beispiel von Hawaii gezeigt hat, läßt sich die Schwefelquelle für die Alunitbildung allein aus hydrothermalen Lösungen ableiten, wobei ganz ähnliche δ34S- und δ18O-Werte wie bei den Gedaref-Aluniten auftreten. Im Vergleich dazu zeigen Sulfide magmatischer Herkunft allgemein Werte um ~0‰, Sulfide in marinen Schwarzschiefern in aller Regel stark negative Werte aufgrund der bakteriellen Sulfatreduktion und Sulfate rezenter mariner Sedimente um die 20‰ (BIRD et al. 1989). Da im Gedaref-Gebiet keine kohlenstoffreichen Sedimente auftreten, kann eine Bildung von Pyrit oder Markasit in einem reduzierenden Milieu als S-Quelle für die Alunite mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Sulfidische Mineralisationen in tieferen Bereichen, die nicht in Zusammenhang mit dem jungen Vulkanismus stehen, könnten als S-Quelle hingegen in Betracht kommen. Nimmt man marine Evaporite als S-Quelle für die Alunitbildung an, so müßten diese nach der Alterskurve von NIELSEN (1968) mit den entsprechenden δ34S-Werten ein permisches oder untertriassisches Alter haben. Die Alunite vom Jebel Abu Tuyur besitzen aber ein untereozänes Alter. Die δ34S-Werte für eozäne marine Sulfate liegen jedoch bei 20‰.

Die in N-Äthiopien verbreiteten mesozoischen Gesteine wie Adigrat Sandstein, Antalo Kalkstein und die Obere Sandstein Formation sind mit beträchtlichen Gipsvorkommen vergesellschaftet (JORDAN 1976). Die Verzahnung der Gedaref Formation mit dem Adigrat Sandstein im Setit-Gebiet (WHITEMAN 1971) läßt die Existenz mesozoischer Evaporite auch im Grenzgebiet Sudan-Äthiopien möglich erscheinen. Sollte dies zutreffen, so könnten sowohl aufsteigende Grundwässer als auch hydrothermale Lösungen dem Sulfat als Transportmedium gedient haben. Analog zu dieser Hypothese werden von ROBINSON (1987) geothermale Systeme in Neuseeland beschrieben, deren Schwefelgehalte sich zum Teil aus Evaporiten ableiten lassen. Die Zusammensetzung des Gesamt-Schwefels in diesen hydrothermalen Lösungen variiert stark, wobei einerseits H2S die dominante S-Quelle darstellt, andererseits H2S und SO4 in nahezu gleicher Konzentration vorhanden sind. Bei Wairakei wurden beispielsweise in den H2S-Gasen δ34S-Mittelwerte von 5‰ analysiert. Marine Sulfate, wahrscheinlich jurassischen Alters, die im Untergrund vorhanden sind, besitzen δ34S-Mittelwerte von 24‰. Unter Beteiligung beider Schwefelquellen zu gleichen Teilen würde sich ein δ34S-Mittelwert für den Gesamt-Schwefel von ca. 15‰ ergeben. Dieses Modell scheint zumindest im Ansatz auch auf das Gedaref-Gebiet übertragbar. Zirkulierende Wässer könnten sulfatische Evaporite im Untergrund gelöst und sich mit H2S-haltigen hydrothermalen Lösungen vermischt haben, was die δ34S-Werte im Bereich zwischen 12,2 und 14,9 erklären würde.

Insgesamt betrachtet, lassen sich mehr Argumente für eine Genese des Alunits in einem hydrothermalen Milieu finden als für eine supergene, auf Sulfidverwitterung basierende Entstehung. Die Argumente für und wider sind zusammenfassend in der Tab. 32 aufgelistet.

 

Argumente für eine Alunitbildung
im hydrothermalen Milieu

 

- Die höchsten Alunitgehalte treten im Bereich mehrerer Störungszonen auf.
- Vertikale Klüfte am J. Abu Tuyur, ausgefüllt mit Alunit, deuten auf
.. aszendente hydrothermale Lösungen hin.
- Zonierte Alunitkristalle sind bislang nur für den hydrothermalen
.. Bildungsbereich beschrieben worden.
- Typische knollen- oder taschenförmige Ausbildungen des Alunits fehlen.
- Das Fehlen einer Schwefelquelle (Sulfiderze, Evaporite, pyrithaltige C-org.-reiche
.. Gesteine euxinisches Milieu) kann durch H2S-haltige Lösungen erklärt werden.
- Das Fehlen einer ausreichenden Kaliumquelle (K-Feldspäte, Muskovit, Illit), insb.
.. bei hohen Alunitgehalten wie am J. Abu Tuyur und J. Umm Barakit, läßt sich
.. durch hydrothermale Lösungen erklären.
- In umgelagerten Kaolinen sind Alkalien (K-Na-Quelle) weitgehend abgeführt,
.. sofern keine Glimmer oder Feldspäte nach der Ablagerung verwittern.
.. Auch in den alunitfreien Gesteinen lassen sich diese Mineralphasen nicht
.. nachweisen.
- Bei einer Pyritverwitterung müßte Jarosit in Paragenese mit Alunit auftreten.
-
Die leicht erhöhten Cu- und Pb-Gehalte im Bereich stärkster Alunitisierung
.. (J. Abu Tuyur, J. Umm Barakit) deuten auf eine hydrothermale Zufuhr.
- Die δ34S-Werte der Alunite stimmen mit denen für tertiäre Evaporite
.. (mögliche S-Quelle) nicht überein.
- Die erhöhten δ18O-Werte der Alunite sind tendenziell dem Bildungsbereich
.. "steam heated" zuzuordnen.
- die Vergleichsprobe von Hawaii (Solfatarebildung - "steam heated") zeigt ähnliche
.. δ18O- und δ34S-Werte wie die Alunitproben vom J. Abu Tuyur und
.. J. Umm Barakit.

 

 

Argumente für eine Alunitbildung
im supergenen Milieu (Sulfidverwitterung, Evaporite)

 

- Die alunitisierten Kaoline zeigen keine Zonierung wie beim "replacement-type".
- Die Alunitisierung steht nicht in Zusammenhang mit der Hauptphase der
.. Basaltextrusion im Raum Gedaref.
- Eine flächenhafte Verbreitung alunithaltiger Kaoline läßt sich durch hydrothermale ..
.. Lösungen nur schwer erklären.
- Es las
sen sich keine deutlichen chemischen Anomalien oder typische
.. hydrothermale Mineralparagenesen feststellen.

 
 

Tab. 32: Zusammenfassung der Argumente für und gegen eine hydrothermale bzw. supergene Alunitgenese im Raum Gedaref.